(1) Ausflug in die Geschichte von Mariánské Lázně/Marienbad – wie alles begann…

Mariánské Lázně/Marienbad ist eines der drei weltberühmten Kurbäder des westböhmischen Bäderdreiecks, und es ist das jüngste von ihnen: während Karlovy Vary/Karlsbad bereits im 14. Jahrhundert Stadtrecht erhielt und auch seit dieser Zeit die dortigen Heilquellen genutzt werden, feierte Mariánské Lázně im Jahr 2008 das 200jährige Jubiläum des Kurbetriebes. In dieser – historisch gesehen – recht kurzen Zeit hat der Kurort eine rasante Entwicklung erlebt.

Ein paar Anmerkungen allerdings vorweg:

  • Ich habe versucht, möglichst vieles aus den mir zur Verfügung stehenden Quellen (Bücher, Zeitungsberichte, diverse Webseiten) zusammenzutragen, zu sichten, sortieren und der grossen Historie entsprechend einzuordnen. Natürlich erhebt das keinerlei Anspruch auf Richtigkeit oder gar Vollständigkeit. Einige Zeitabschnitte sind bisher auch noch gar nicht berücksichtigt worden, da mir dazu leider nur wenige oder eher widersprüchliche Informationen vorliegen. Als Quellen dienten mir unter anderem folgende Veröffentlichungen:– Diverse neuere und ältere Reiseführer, wie zum Beispiel: GRIEBEN (1914)
    BAEDEKER (1929)

    WOERL (1941)

    OLYMPIA (1981)
    SOUKUP/DAVID (1998)

    IRPEN (2009)

    Eine der umfassendsten Quellen für mich ist die Webseite
    http://www.hamelika.czvon Ing. Richard Švandrlík (leider im Mai 2016 im Alter von 82 Jahren verstorben), der mehr als 100 Bücher und Schriften über die Geschichte von Mariánské Lázně/Marienbad und Umgebung verfasste und auf seiner Webseite (weitergeführt von David Švandrlík) eine schier unglaubliche Menge von Informationen sowie Verweisen/Links – z.T. auf Originaldokumente! –  zusammengetragen hat. Fantastisch!
  • Die Historie von Mariánské Lázně/Marienbad und der westböhmischen Umgebung ist seit Jahrhunderten gleichermaßen von böhmischen und deutschen Einflüssen geprägt.
    Somit verwende ich – soweit sinnvoll – sowohl die tschechische als auch die deutsche Bezeichnung für Orte, Personen usw. 

Die Geschichte der Stadt Mariánské Lázně/Marienbad ist eng und untrennbar mit der Geschichte des Prämonstratenserklosters in Teplá/Tepl verbunden. Dieses Kloster wurde im Jahre 1193 durch den Adeligen Hroznata gegründet und sollte in den nächsten Jahrhunderten eine wichtige Rolle für das Land spielen.

Die Tepler Mönche hatten bereits in dieser Zeit erste Heilquellen entdeckt, die als „Säuerling“ bezeichnet wurden. Die Quellen wurden 1528 auf Geheiß des Königs Ferdinand I. untersucht, mit dem hauptsächlichen Beweggrund, ob daraus Salz gewonnen werden könne, damit Böhmen von entsprechenden Lieferungen aus dem Ausland unabhängig würde. Salz war damals sehr teuer, nicht umsonst wurde es als „weisses Gold“ bezeichnet.
Doch die Enttäuschung war groß: das im Quellwasser enthaltene Salz war leider überhaupt nicht für Speisezwecke verwendbar, es handelte sich vielmehr um Glaubersalz, mit seiner bekannten abführenden Wirkung. Die Quelle in Úšovice/Auschowitz wurde nach dem König „Ferdinandsquelle“ genannt, weitere Quellen wurden untersucht und katalogisiert.

Das Hauptverdienst an der Idee, die mineralisierten eisenhaltigen Quellen für Heilzwecke zu nutzen und Heilbäder zu errichten, gebührt zwei bedeutenden Männern des Klosters Teplá/Tepl: dem Klosterarzt Dr. Josef Jan Nehr / Dr. Johann Josef Nehr und ganz besonders dem damaligen Abt des Klosters Karel Kaspar Reitenberger / Karl Prokop Reitenberger.
Beide gelten heute als Begründer des Kurorts Marienbad, sie beauftragten den Gärtner (heute würde man ihn als Landschaftsarchitekten bezeichnen) Václav Skalník / Wenzel Skalnik mit der Umgestaltung des ehemals unwirtlichen sumpfigen Tales zu der noch heute einmaligen Park-Gesamtkomposition von Landschaftselementen und behutsamen gestalterischen Eingriffen, die neben den von den Prager Architekten Georg Fischer und Anton Turner entworfenen Kurgebäuden den einmaligen Charakter von Mariánské Lázně/Marienbad ausmachen.

Die ersten Badehäuser – nach heutigem Verständnis wohl eher „Hütten“ – wurden 1807/1808 im Auftrag des Klosters Teplá/Tepl neben der Marienquelle errichtet, die damit dem Ort seinen heutigen Namen Marienbad / Mariánské Lázně gab. Die ältesten Häuser von Mariánské Lázně/Marienbad befinden sich übrigens in unmittelbarer Nähe des heute sehr bekannten Nationalrestaurants U Zlaté Koule (Zur Goldenen Kugel).

Nehr und Reitenberger waren in ihrer – für die damalige Zeit visionären! – Art allerdings nicht unumstritten. Speziell Abt Reitenberger, der neben eigenem Geld auch einen Teil des Klostervermögens für den Aufbau des Badeortes verwendete, stiess in den Reihen seiner Ordensbrüder auf offene Ablehnung und harte Vorwürfe, er würde das Geld des Klosters „in den Úšovicer Sümpfen  versenken“!

Man versuchte, Abt Reitenberger kaltzustellen, strengte eine Amtsenthebung an (offiziell trat er von seinem Amt zurück, man kennt das ja auch aus der heutigen Zeit…), und der nun ehemalige Abt  musste Tepla und Marienbad verlassen und ging 1827 nach Tirol, wo er 1860 im Stift Wilten bei Innsbruck starb.
Zu Lebzeiten ist ihm leider die Anerkennung seiner Verdienste versagt geblieben, aber 1879 – anlässlich seines 100. Geburtstags – liess die dankbare Stadt Marienbad ihm zu Ehren in der Nähe der Kreuzquellenkolonade ein Denkmal errichten.
Auch unter den Brüdern des Klosters setzte wohl später ein Umdenken ein, 1906 wurden Abt Reitenbergers sterbliche Überreste nach Tepla überführt und ehrenvoll auf dem Stiftsfriedhof beigesetzt.

In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts begann die Entfaltung des Kurortes, wenn auch anfangs noch etwas zögerlich. Kamen im Jahr 1827 nur ungefähr 1.500 Kurgäste nach Mariánské Lázně/Marienbad, so verdoppelte sich ihre Zahl allmählich in den nächsten 15 Jahren und verblieb auf diesem Niveau von ca. 3.000…5.000 Besuchern jährlich bis ins letzte Drittel des 19.Jahrhunderts hinein.

Erst als Mariánské Lázně/Marienbad an das Eisenbahnnetz angeschlossen wurde – 1872 an die Strecke Plzeň–Cheb/Pilsen-Eger, ab 1874 gab es eine direkte Verbindung nach Karlovy Vary/Karlsbad – kam es zu einem raschen Anstieg der Zahl der Kurgäste, und 1874 wurde erstmals die „magische Zahl“ von 10.000 Gästen überschritten.

Die verbesserte Erreichbarkeit von Mariánské Lázně/Marienbad machte den Kurort nunmehr auch weniger privilegierten Gästen zugänglich, die Versorgung verbesserte sich und rief einen neuen Bauboom hervor, so dass weitere Unterkünfte zur Verfügung standen. 1899, an der Schwelle zum 20.Jahrhundert, besuchten 20.000 Kurgäste die Stadt, und die Tendenz war weiterhin positiv!

Schon in den Anfangsjahren waren weltberühmte Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur und Politik unter den Gästen. Johann Wolfgang Goethe weilte mehrere Male hier (u.a. 1820, 1821, 1822 und 1823 – er wohnte im Haus „Zur Goldenen Traube“ – heute Stadtmuseum), und fand in Mariánské Lázně/Marienbad 72jährig seine letzte große – allerdings unerwiderte – Liebe in der 17jährigen Ulrike von Levetzow.

Die Enttäuschung darüber, dass das junge Mädchen seinen Heiratsantrag ablehnte, verarbeitete der grosse Dichter 1823 in seiner Marienbader Elegie. Er kehrte nie wieder – so weiss es die Geschichte zu berichten – nach Marienbad zurück.

Ausgangs des 19.Jahrhunderts etablierte sich Mariánské Lázně/Marienbad als europäisches Zentrum von Politik und Gesellschaft.

Es war die Blütezeit des Bades, viele gekrönte Häupter und andere Promininente besuchten in dieser Zeit die Stadt.

Die Gästeliste des 19./Anfang 20. Jahrhunderts liest sich heute noch wie das „Who is who“ der damaligen Zeit:
Nikolai Gogol (1839),
Fryderyk Chopin (1836),
Richard Wagner (1845),
Johann Strauss (1890/1891),
Mark Twain (1891),
Thomas Alfa Edison (1911),
Siegmund Freud (1913),
Franz Kafka (1916),
Maxim Gorki (1923/1924)

und viele andere mehr.

1897 kam der spätere britische König Edward VII. – der seinerzeit mächtigste Mann der Welt – zum ersten Mal zur Kur nach Mariánské Lázně/Marienbad, in den folgenden Jahren bis 1909 wiederholte er seine Besuche, was den Ruf des Kurortes ungemein förderte. Im Kurhotel „Nové Lázně/Neubad“ kann man heute als besondere Attraktion ein Bad in seiner Königskabine nehmen.





König Edward II. traf sich hier mit weiteren namhaften Herrscher-Persönlichkeiten Europas: 1904 mit dem österreichischen Kaiser Franz Joseph I., – ein Denkmal verweist heute auf diese historische Begegnung:


und 1907 kommt es im Hotel Weimar (früher: Klebelsberger Palais, heute Kavkaz, leider noch auf die Renovierung hoffend…) zu einem Gipfeltreffen über die Aufteilung der Einfluss-Sphären in Asien.

König Edward VII. verhandelt hier auch mit dem russischen Aussenminister und dem französischen Ministerpräsidenten, die getroffenen Vereinbarungen waren die Grundlage der späteren – gegen Deutschland und Österreich-Ungarn gerichteten – Entente.

Das KAVKAZ heute…
…und in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts.

Der englische König Edward II. war es übrigens auch, der hier in Marienbad im August 1905 den ersten Royal Golf Club auf dem europäischen Festland eröffnete. Zu den Festlichkeiten anlässlich des 100.Geburtstages des Golfplatzes weilte mit Prince Edward wiederum ein Mitglied des britischen Königshauses in Mariánské Lázně/Marienbad.

Hier ein Video eines tschechischen UrbExers, der das Kavkaz 2014 erkundete:

→ weiter zum zweiten Teil.